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Net Zero X

Langfristig wettbewerbsfähig

Eine Machbarkeitsstudie für den Logistikdienstleister MOSOLF zeigt, dass nachhaltige Energieversorgungslösungen dauerhaft kostengünstig sind

Die Strom- und Gaspreise steigen seit Jahren und spätestens seit dem Ukrainekrieg sind auch Logistikunternehmen großen Preissprüngen und damit Unsicherheiten bei der Planung ihrer Energiekosten ausgesetzt. Nicht nur für diese Unternehmen rücken selbst erzeugte, regenerative Energien stärker in den Fokus. Nachhaltige Logistikdienstleistungen müssen jedoch vor allem wirtschaftlich sein, denn der Markt ist hart umkämpft.

Welche Technologien sind künftig sinnvoll? Sind nachhaltige Energieerzeugungslösungen auch noch wirtschaftlich, wenn der Gaspreis wieder fällt? Und wie sichert man die Verfügbarkeit bei volatilen Energieträgern wie Sonne und Wind? Bevor Investitionen getätigt werden, wie zum Beispiel Standorterweiterung oder -umbau, lohnt erst einmal der Blick in die Zukunft anhand valider Modellrechnungen.

Die MOSOLF Gruppe mit Sitz im baden-württembergischen Kirchheim unter Teck betreibt 41 Logistikstandorte in Europa. Das Familienunternehmen hat sich auf Logistikdienstleistungen für die internationale Automobilindustrie, für Flottenbetreiber sowie den Fahrzeughandel spezialisiert. Neben der Auslieferung von Neufahrzeugen werden z.B. auch Leasing-Rückläufer transportiert. Diese werden zu den dafür ausgerüsteten Mosolf-Standorten gebracht und dort aufbereitet. Sie werden in Waschanlagen gereinigt, Lackierereien bessern Gebrauchsspuren aus. Ein solcher Standort befindet sich zum Beispiel in Ketzin in Brandenburg.

„Unseren Standort in Ketzin müssen wir langfristig wirtschaftlich betreiben können. Da stand für uns schnell die Frage im Raum, wie wir unsere Energiekosten dauerhaft senken und diese auch für die Zukunft planbar machen können,“ sagt Dr. Gregor Tjaden, Geschäftsführer der Mosolf Erneuerbare Energien GmbH.

„Unseren Standort in Ketzin müssen wir langfristig wirtschaftlich betreiben können. Da stand für uns schnell die Frage im Raum, wie wir unsere Energiekosten dauerhaft senken und diese auch für die Zukunft planbar machen können.“

Dr. Gregor Tjaden, MOSOLF Gruppe

Am Standort Ketzin befinden sich neben einem großen PKW-Lagerplatz auch eine Waschanlage, eine Lackiererei sowie Verwaltungsgebäude. „Wir wollen den Standort unabhängig von den schwankenden Strom- und Gaspreisen machen und unseren Strom selbst erzeugen. Dafür brauchen wir belastbare Daten, welche Arten der Energieerzeugung langfristig am kostengünstigsten sind, wenn man die Investitions- und Betriebskosten betrachtet,“ so Tjaden weiter.

Hier kommen die Forschenden des Fraunhofer IFF ins Spiel. Sie haben langjährige Expertise darin, wie Unternehmen ihr Energiemanagement so gestalten können, dass aus den Faktoren Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, technologische Innovation und marktbezogene Rahmenbedingungen eine optimale Energieversorgung gestaltet werden kann. Für Mosolf haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Machbarkeitsstudie für den Standort Ketzin erstellt. Diese beinhaltete ein wirtschaftliches Gesamtkonzept mit einem Überblick über alle verfügbaren Technologien, die Einsatzfähigkeit am Standort, Wirtschaftlichkeitsberechnungen sowie mittel- und langfristige Maßnahmen.

„Von konventionellen aber „grün“ betriebenen Technologien, wie Gasmotor-BHKW und Gasturbine über erneuerbare Energien wie Windkraft und Photovoltaik bis hin zu Innovationen wie der Wasserstoff-Elektrolyse, haben wir alle am Standort möglichen Arten der Energieerzeugung geprüft und bewertet. Diese haben wir dann mit weiteren Parametern, wie Lebensdauer, Betriebs- und Instandhaltungskosten sowie der Preisentwicklung bei benötigten Ressourcen, z.B. regenerativem Gas, zusammengeführt,“ beschreibt Dr.-Ing. Stephan Balischewski, Projektleiter der Machbarkeitsstudie am Fraunhofer IFF, das Vorgehen. Aus einem Portfolio von mehr als 120 Technologien wurden letztlich 13 als für den Standort relevant erachtet und genauer betrachtet.

Auf Basis der energetischen, ökonomischen und ökologischen Rahmenbedingungen wurden dann Bewertungskriterien definiert und Technologiesteckbriefe erstellt.

„Wir konnten zeigen, dass eine Energieversorgung auf der Basis erneuerbarer Energien langfristig absolut konkurrenzfähig ist.“

Dr.-Ing. Stephan Balischewski, Fraunhofer IFF

Das Besondere dabei: Neben einer statischen Prognose mit festen Kennzahlen über die jeweilige Lebensdauer erstellten die Forschenden auch eine dynamische Prognose, bei der die wichtigsten Einflussgrößen variabel betrachtet wurden. Diese enthielt eine Spreizung von jeweils von 20 Prozent nach oben und unten bei den Parametern Investitionskosten und Lebensdauer.

Ebenfalls betrachtet wurden die Möglichkeiten des Energiemarktes und die politischen Rahmenbedingungen. Zur Studie gehörten weiterhin ein kurzfristiges und ein langfristiges Maßnahmenpaket auf Basis der ermittelten Analysen und Berechnungen.

Im Ergebnis wurden für die verschiedenen Technologien die Kosten pro Megawattstunde Energie dargestellt, jeweils als statische und dynamische Berechnung. Eine Solarthermielösung mittels Vakuumkollektoren stellte sich dabei als kostengünstigste Variante zur Wärmebereitstellung heraus. Die Großwindkraft ist als weitere erneuerbare Energie ebenfalls wettbewerbsfähig, genauso wie die konventionellen Technologien Gasmotor-BHKW und Dampfturbine. „Wir konnten zeigen, dass eine Energieversorgung auf der Basis erneuerbarer Energien langfristig absolut konkurrenzfähig ist,“ sagt Dr.-Ing. Stephan Balischewski über das Ergebnis der Studie. „Setzt Mosolf auf diese Lösung, dann macht sich das Unternehmen unabhängig von den Marktpreisen für Strom und Gas und tut gleichzeitig etwas für den Klimaschutz,“ erklärt der Wissenschaftler.

Der eigentliche Stromverbrauch an den Standorten ist dabei noch überschaubar. „Allerdings wird dieser mit der erwarteten Elektrifizierung unserer Autotransporterflotte sowie der Kundenfahrzeuge deutlich steigen,“ sagt Dr. Gregor Tjaden und fügt hinzu: „Die Studienergebnisse helfen uns, die richtigen Maßnahmen auch unter sich ändernden Bedingungen zu ergreifen. So können wir den Standort wirtschaftlich und umweltfreundlich betreiben und bauen unseren Wettbewerbsvorsprung aus.“

Interview mit Dr. Jörg Mosolf, Vorstandsvorsitzender der MOSOLF SE & Co. KG


Dr. Jörg Mosolf ist Vorstandsvorsitzender der MOSOLF SE & Co. KG. Er ist Logistiker durch und durch. Nach mehreren Ausbildungsstationen und seiner Promotion im Logistikbereich sowie der Arbeit in verschiedenen Logistikunternehmen hat Dr. Mosolf im Jahr 2002 den Vorstandsvorsitz der MOSOLF Gruppe übernommen.

Was unterscheidet Ihr Unternehmen von anderen Logistikdienstleistern?

Dr. Jörg Mosolf: Die Automobillogistik ist eine sehr kapitalintensive Branche mit einem sehr hohen Spezialisierungsgrad. Unsere Kunden sind die weltweiten Hersteller von PKW, Vans, leichten und schweren Nutzfahrzeugen sowie die Vertriebsunternehmen der Automobilindustrie. Wir sind ein klassisches Familienunternehmen, das sich seit Jahrzehnten erfolgreich in diesem Markt behauptet. Das gelingt uns, weil wir besonders flexibel sind und schnell reagieren, wenn sich im Markt etwas ändert. Dazu gehört auch, immer einen Schritt voraus zu sein und heute schon das anzupacken, was morgen die ganze Branche verändert.

Können Sie uns Beispiele dafür nennen?

Dr. Jörg Mosolf: Unser Dienstleistungsangebot orientiert sich am Lebenszyklus von Fahrzeugen, den unterschiedlichen Nutzungsformen in den Vertriebskanälen und sämtlichen hier notwendigen Dienstleistungen in den verschiedenen Geschäftsmodellen. Die vertriebliche Dynamik erfordert dabei stets ein Maximum an Kundenorientierung in Form passender Problem-Lösungen gepaart mit einer agilen Umsetzung. Die Dekarbonisierung unseres Dienstleistungsportfolios ist ein weiteres zentrales strategisches Ziel, dem wir uns offensiv stellen, denn ca. 20% der CO2-Emissonen gehen in Deutschland auf den Verkehrssektor zurück. Wir wechseln im Thema daher in die Problem-Löser-Rolle und leisten unseren Beitrag in der Bekämpfung des Klimawandels.

Was tun Sie da konkret?

Dr. Jörg Mosolf: Wir stellen alles auf den Prüfstand, was Auswirkungen auf unseren Carbon Footprint hat. So werden wir in den nächsten Jahren einen großen Teil unsere Flotte auf Batterie-elektrische Lkw umstellen und prüfen auch, ob sich unsere Standorte klimaneutral betreiben lassen. Auch die Verwendung Co2-reduzierter Ersatzkraftstoffe wie HVO 100 gehört hierzu, insbesondere für Strecken, auf denen wir heute noch nicht elektrisch operieren können. Für die Fragen unserer künftigen Energieversorgung holen wir uns unterstützende Antworten aus der Wissenschaft, indem wir zum Beispiel Machbarkeitsstudien erstellen lassen. Ziel dahinter ist unsere Standorte für die Produktion von Energie zu nutzen und damit in der Frage der Energieversorgung immer autonomer zu werden.

Was ist die größte Herausforderung dabei?

Dr. Jörg Mosolf: Das ist alles mit hohen Kosten verbunden, so dass wir sicherstellen müssen, dass wir Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz unter einen Hut bekommen. Nachhaltigkeit ist kein Selbstzweck, hier dürfen sich Klimaschutz und Standortsicherung nicht ausschließen. Insbesondere benötigen wir verlässliche Rahmenbedingungen der Politik bspw. in der Frage welche Technologien in welcher Form, wie lange und in welcher Höhe gefördert werden. Zusammenfassend verfolgen wir das Ziel nachhaltige Logistikdienstleistungen in der Branche zu etablieren und damit unsere Marktposition zu festigen.